Dreschfest weckt Erinnerungen

Während bei vielen aktiven Landwirten die Erntearbeiten gerade ihren Höhepunkt ansteuern, ließen es sich die Herleshäuser Freunde historischer Landmaschinen nicht nehmen, am vergangenen Wochenende ihr eigenes Dreschfest zu feiern. Dabei war es gerade der Kontrast zu den gewaltigen Erntefahrzeugen der Neuzeit, der bei dieser Reise in eine fast schon vergessene Epoche den Reiz ausmachen sollte. Mit einem kleinen Umzug bewegten die Sammler um «Hobby-Agrarhistoriker» Helmut Bornscheuer ihr antikes Gerät aus dem Dorf hinaus und präsentierten es am alten Dreschschuppen im Hahnhofsweg. Eine Menge Besucher aus der ganzen Umgebung waren gespannt, ob man mit den Gerätschaften tatsächlich auch noch arbeiten kann. Die sich anschließenden Vorführungen belegten dies in aller Deutlichkeit. Eine etwa 50 Jahre alte Mähmaschine mit Handablage kämpfte sich durchs Triticalefeld, bevor die Männer mit den Dreschflegeln die Spreu vom Getreide trennten. Eine Plauder reinigte die Frucht mit Hilfe des Windes, und ein Selbstbinder nahm dann seine schon etwas fortschrittlichere Erntetätigkeit auf. Die Nachmittagssonne rückte die Feldarbeit in ein sommerliches Licht, dazu die dörfliche Silhouette im Hintergrund – wahrscheinlich lag in diesem Augenblick viel mehr Romantik als die harten Zeiten je zugelassen haben. Mit etwas Mühe brachte man den alten Lanz-Bulldog in Gang. Anschließend kündete das Knattern des Deutz-Schleppers, Baujahr 1949, davon, dass die Dreschmaschine ihre Arbeit aufgenommen hatte, vom Schlepper durch einen Riemen angetrieben. Im Nu verschwanden die Getreidegarben im Inneren des wuchtigen «Ungetüms». Fein säuberlich getrennt sah man das Ergebnis der Arbeit, jedenfalls nach dem man die anfänglichen Probleme mit der Wind-Einstellung in den Griff bekommen hatte. Die originale Lanz-Dreschmaschine ist im Besitz der Mit-Organisatoren Bernd Linhose, Roland Virnau und Friedhelm Göpel. Sie fanden das 67 Jahre alte Erntegerät beim Ehepaar Thieme in Schmiera bei Erfurt, wo es bis Mitte der 80er Jahre noch eingesetzt wurde, zuletzt hauptsächlich für Sonnenblumenkerne. Schon beim Sackgassen-Fest im vergangenen Jahr, als sich die ehemaligen Besitzer von der Funktionstüchtigkeit überzeugen konnten, kam sie zum Einsatz. Auch in diesem Jahr interessierten sich zahlreiche Zuschauer für das Spektakel. Die Älteren verfolgten den Dreschvorgang beinahe andächtig, ließ die Vorführung doch die Gedanken in eigene Jugendjahre zurückschweifen. «Damals auf dem Gutshof …», stellte z. B. Rößler Gerhard fest und ein aus Berlin Zugezogener fühlte sich an die Kindheit bei seinem Opa in Mecklenburg erinnert. Der jüngeren Generation wurden Stationen der landwirtschaftlichen Entwicklung auf ihrem Weg von der Handarbeit ins High-Tech-Zeitalter gezeigt, heute schon ein Bild aus einer fremden Welt. Nur Wagner Karl ging´s nicht flott genug: «Die machen dich ´ne Mäherei. In der Ziet hon ich 100 Acker mit der Sensen abgemacht!»
Mit einem Rahmenprogramm für Kinder und ordentlicher Verpflegung im und am Dreschschuppen nahm der Tag noch einen geselligen Verlauf. Bis in die späten Nachtstunden schwelgte man in Erinnerungen oder genoss einfach nur das hochsommerliche Wochenende. Am Sonntag gingen die Feierlichkeiten mit einem Frühschoppen und weiteren Vorführungen in die Verlängerung. Beachtliches am Rande: Als Veranstalter der ganzen Aktion zeichnete sich kein eingetragener Verein oder etwa eine von Steuergeldern getragene Einrichtung verantwortlich, sondern eine rein private Initiative. Es fanden sich einfach ein paar Gleichgesinnte zusammen, die ihre Leidenschaft mit der dörflichen Öffentlichkeit teilen wollten. Daraus entstand am Ende ein wunderbares Fest für alle.

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