(R)evolutionen in den Blick genommen

Was interessiert uns überhaupt noch in einer medien- und informationsüberfluteten Welt? Welche Schicksale, welche Geschichten berühren uns? Auf diese Fragen – gestellt von der Theaterleitung – fanden die Spielerinnen und Spieler im Eisenacher Theater am Markt schnelle und klare Antworten: «…die Umbruchsbewegungen in Europa, Bürgerproteste und die Demokratiebewegungen in Nordafrika…». So wurde das Thema für die Spielzeit 2012 geboren. Unter dem Spielzeitmotto »(R)evolution” möchte das TAM gemeinsam mit Zuschauern, Spielern und allen Interessierten gesellschaftliche Dynamiken, Strukturen und Veränderungsprozesse erforschen und diskutieren.

Denn: betrachtet man die jüngsten politischen Entwicklungen in Europa und Deutschland, so wird eines deutlich – eine Veränderung der etablierten Strukturen gesellschaftlicher und politischer Organisationsformen ist im Gange. Einige dieser Veränderungsprozesse verlaufen dabei stetig. Über Generationen hinweg, bis Systeme und Strukturen sich komplett gewandelt haben. Eine Evolution stattgefunden hat. Andere geschehen abrupt, in Form von Aufständen, Umstürzen oder einer Revolution.

Doch was entscheidet darüber, ob ein Veränderungsprozess evolutionär oder revolutionär verläuft? Wie funktionieren Staat und Gesellschaft und wie kann Partizipation und Mitbestimmung im gesellschaftlichen, familiären und politischen Alltag aussehen?
Diese und andere Fragen sind Thema der Inszenierungsarbeiten und Begleitprogramme der neuen Spielzeit. Um ein möglichst breites Spektrum unterschiedlicher Interessen, Lebensentwürfe und -erfahrungen ästhetisch nutzen zu können, mischt die Theaterleitung bei der Besetzung der einzelnen Inszenierungen erstmals die bestehenden Ensembles (Kinder-, Jugend- und Erwachsenenensemble).

Dazu gehören 60 Leute in verschieden Ensembles und weit über 100 Leute in Zusammenfassung aller Projekte, 4 Leute gehören zur Technik, eine Dame im FSJ und die beiden Hauptamtlichen Timo Bamberger und Marcus Coenen.

Den Auftakt macht die Komödie «Der nackte Wahnsinn» von Michael Frayn, die am 25. Februar um 19.30 Uhr Premiere hat. Eine Theatertruppe versucht, ein Stück auf die Bühne zu bringen und scheitert nicht nur an volltrunkenen Schauspielern, fehlenden Requisiten und klemmenden Türen. Mit einigem Hintersinn erzählt die chaotische Komödie zugleich eine Parabel auf den Alltag im politischen Geschäft. Während die einen versuchen, den Laden am Laufen zu halten, machen die anderen ihnen das Leben schwer. Es spielen Mitglieder des Jugend- und des Erwachsenenensembles.

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Eine intensive Auseinandersetzung mit den Themen Arbeit, Ausbeutung und Aufstand strebt die Inszenierung des Dramas »Die Weber” von Gerhart Hauptmann an (Premiere am 21. April um 19.30 Uhr). Hier stehen erstmals Mitglieder aller Ensembles und Generationen am TAM gemeinsam auf der Bühne.

Am 30. Juni um 19.30 Uhr zeigt das Kinderensemble gemeinsam mit einigen erwachsenen Mitspielern George Orwells »Animal Farm” – eine Fabel über die Mechanismen gesellschaftlichen Zusammenlebens, über Macht und über das, was nach der Revolution geschieht.

Vom Freiheitskampf der Schweizer erzählt Schillers berühmtestes Drama »Wilhelm Tell”, das am 19. Juli um 19.30 Uhr in einer Inszenierung des Jugend-Ensembles Premiere hat.
Die letzte Premiere der Themenspielzeit findet am 7. Oktober um 19.30 Uhr statt. Gemeinsam spielen die Mitglieder aller Ensembles Henrik Ibsens Stück »Der Volksfeind”, welches von der Manipulation der öffentlichen Meinung und deren Auswirkungen erzählt.

Begleitet werden die Inszenierungen von einer Reihe von Vorträgen, Lesungen, Workshops und Sonderveranstaltungen. Bereits im Januar (am 20. und 21.) gastiert ein mobiles Planetarium im TAM und bringt neben dem aktuellen Sternenhimmel auch die Geschichte jener vier Jupitermonde mit, die dank Galileo Galilei eine Revolution des Weltbildes auslösten. Am 24. April ist der Schriftsteller Landolf Scherzer mit einer Lesung zum Thema »Armut” zu erleben und am 19. Juni nimmt der drogenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Frank Tempel, Stellung zu dem polarisierenden Thema »Entkriminalisierung des Drogenkonsums”. Beide Vorträge werden durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung gefördert.

Darüber hinaus wird sich ab April im TAM Thüringens erster Beschwerdechor formieren. Unter der Leitung der Schauspielerin und Regisseurin Beate Göbel dürfen sich Eisenacher BürgerInnen passend zum Jahresthema singend beschweren. Geprobt wird ab April 2012 einmal wöchentlich. Ein erster Auftritt ist im Rahmen der Inszenierung: «Der Volksfeind» geplant.

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