Familie kann man sich nicht aussuchen

«Normale Väter gibt’s, glaub ich, nicht mehr!» erklärt Polleke ziemlich zu Beginn des Stückes «Wir alle für immer zusammen», das am Mittwoch, 15. Februar um 18 Uhr im Landestheater Eisenach Premiere hat. Denn über das klassische Vater-Mutter-Kind-Ideal hinaus sind heute verschiedenste Konstellationen denkbar: Kinder wachsen bei alleinerziehenden Müttern oder Vätern auf, haben Stiefverwandtschaft, Halbgeschwister, biologische Erzeuger oder nicht-leibliche Eltern.

Auch Polleke – elf Jahre alt und Dichterin – ist ein Scheidungskind. Ihre Mutter ist peinlicherweise neu verliebt in den Klassenlehrer und der heißgeliebte Vater ein ausgemachter UP (unnormaler Papa), um den man sich stets neue Sorgen machen muss und der schließlich sogar im Gefängnis landet. «Erwachsene müssen selbst auf sich aufpassen», finden Oma und Opa, auf deren Bauernhof Polleke gern zu Besuch ist. Doch Polleke ist sich nicht sicher, ob das alles ohne ihre Hilfe gut gehen kann. Und eigentlich hat sie auch genug eigene Probleme: Ihr marokkanischer Freund Mimun hat mit ihr Schluss gemacht, weil in seiner Kultur Mädchen angeblich keine Dichter sein dürfen. Doch das ist nur eine Ausrede, weil seine Eltern die Freundschaft mit Polleke verboten haben.

Aus dem preisgekrönten gleichnamigen Kinderbuch des niederländischen Schriftstellers Guus Kuijer haben Philippe Besson und Andreas Steudtner einen Theatertext erstellt, der trotz der komplexen Thematik weit weg ist von der Schwere eines Problemstückes. „Die Kleine ist so witzig, dass es kracht!“ urteilte schon «Die Zeit» über Kuijers Polleke, die unverzagt durch die Untiefen von Familienchaos und der beginnenden Teenagerzeit, von Kultur-Kollision und Liebeswirren steuert.

„Ich mag die Art, wie ehrlich, ungeschminkt und doch respektvoll Guus Kuijer seine Figuren zeichnet“, beschreibt Regisseurin Esther Steinbrecher ihre Sicht auf die Textvorlage. „Diese Familie ist alles andere als perfekt – und Kuijer zeigt deutlich, dass auch Eltern Fehler machen. Einmal sagt Polleke: »Ich bin erst elf Jahre. Ich würde gern nicht ganz so oft Recht haben«, sie beschreibt damit ganz unpathetisch, was ihr zugemutet wird, in diesem familiären Durcheinander. Dennoch nimmt sie ihr Leben am entschlossensten von allen in die Hand. Sie ist ständig in Bewegung, um dem Glück auf die Sprünge zu helfen. Und diese Agilität bestimmt den Stil der ganzen Inszenierung.“

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Als Spielraum für Pollekes Tatkraft hat Ausstatterin Helke Hasse einen ebenso prägnanten wie flexiblen Bühnenraum erschaffen. Musiker Klaus Seifert liefert mit seinen Kompositionen, die von den Schauspielern live gespielt werden, den Soundtrack zu den Erlebnissen der elfjährigen Dichterin. Und die erzählt ihre Geschichte nicht allein: Neben Sophie Pompe als Polleke verkörpern Jannike Schubert, Alexander Beisel und Gregor Nöllen in rasanten Rollenwechseln nicht weniger als ein Dutzend weitere Charaktere.
Die in Berlin lebende Regisseurin Esther Steinbrecher studierte Angewandte Theaterwissenschaft und ist seit 1998 als freiberufliche Theatermacherin tätig. Sie schreibt, konzipiert und inszeniert Stücke, Shows und künstlerische Alltagsinterventionen, die sich stets auf einer skurrilen Gratwanderung zwischen Komik und Tragik bewegen. Mit ihren Arbeiten war sie bereits auf mehreren deutschen Theater-Festivals vertreten.
Nach der Premiere findet im Theaterfoyer eine öffentliche Premierenfeier statt, zu der das Publikum herzlich eingeladen ist!
Karten für die Premiere sind an der Theaterkasse (03691 / 256 219) und in der Eisenacher Tourist-Information (03691 / 792 323) erhältlich. Die nächsten Vorstellungen finden Mittwoch, 22.2., 11 Uhr, Donnerstag, 1.3., 18 Uhr und Mittwoch, 14.3., 11 Uhr statt.

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